Donnerstag, 26. Februar 2009

Der Ursprung der Religion: Animismus und Ahnenkult


Unter Animismus, unter dessen Dach sowohl der Fetischismus als auch der Schamanismus gedeiht, versteht man den Geisterkult, der auf dem Glauben an höhere Mächte beruht, die in der Natur wirken und Einfluß auf das Geschehen insgesamt, aber in besonderer Weise auch auf das Schicksal des einzelnen Menschen, seiner Familie und seines Stammes oder Volkes nehmen. In der Regel haben diese allgegenwärtigen Geister die Tendenz, dem Menschen zu schaden, es sei denn, man schaffte es, sie durch besondere Aufmerksamkeit, durch Opfergaben, die man ihnen darbringt, vor allem jedoch durch Magie und wirksamen Zauber zu besänftigen und umzustimmen. Dem widerspricht nicht die Beobachtung, dass es in animistisch geprägten Gesellschaften, die dem Geisterglauben huldigen, auch den Glauben an einen höchsten Gott, vor allem an einen Schöpfergott und sogar die Verehrung mehrerer Götter geben könne. In der klassischen Religionswissenschaft geht man davon aus, dass Afrika sozusagen das „Stammland" des Animismus in seinen beiden Ausprägungen, der des Fetischismus und der des Schamanismus, sei. Dort fand seit dem „Zeitalter der Entdeckungen" auch die intensivste Begegnung der Europäer mit den Phänomenen der „Naturvölker" (oder gar der „kulturlosen" Völker, wie man weithin auch zu sagen pflegte), statt.

Generell läßt sich sagen, dass die Bewohner Afrikas im 16. und 17. Jh. an Mächte glaubten, die aus einer anderen, unsichtbaren Welt kamen, um im Diesseits Gutes oder Böses zu bewirken, und dass darüber hinaus alle von Menschen auf Erden ausgeübte Macht ihre Autorität von jener anderen Welt erhielt. Dieser Gesichtspunkt hatte längst auch Eingang in die Bibel gefunden, wie auch in die Philosophie des Römischen Reiches und schlug sich am Ende im Glauben an den göttlichen Ursprung der Monarchie nieder. Dies bedeutet letztlich, dass wir im Animismus, flankiert vom Kult der Ahnen, wie er uns in jener Mischung griechisch-orientalischer Mythologie begegnet, auch die Wurzeln unserer eigenen europäischen, christlichen, westlichen Kultur finden.

Zur religiösen Ausstattung der Menschen in Afrika gehörte, wie bereits Alvise de Mosto um 1450 in seinem Bericht über Senegâmbia bemerkte, die Vorstellung von einem einzigartigen und allmächtigen Gott, der über einer Reihe rangniedrigerer Gottheiten unterschiedlicher Bedeutung thronte. Frei Boa Ventura gab in einem seiner Bücher einen ausführlichen Artikel des Missionspriesters José Martins Vaz wieder, der lange Zeit in Angola tätig war: "Es gab in Afrika kein atheistisches Volk. Im allgemeinen glaubt das schwarze Volk an die Existenz eines einzigen Gottes, der Anfang und Ursache alles dessen ist, was existiert. Dieser Gott ist wie der Wind, allmächtig, wie die Sonne, der Elefant, der Löwe, gütig wie die Süßkartoffel. Dieser Gott ist gut und bestraft die Menschen, deshalb ist es notwendig, dass man sich ihm sehr viel widmet." Später hat David Livingstone in seinen Reiseberichten bestätigt, dass die Bantuvölker an den allerhöchsten Schöpfergott glaubten, und zwar auch dort, wo bis dahin kein Fuß eines weißen Mannes getreten war. Bei den Zulus, deren Religion und Mythen er aus seiner Zeit am Kap und in Betschuanaland kannte, war der Schöpfer mit Unkulukulu, dem grossen Urvater, der im Ahnenkult verehrt wurde, identisch. In solchem Urmonotheismus mögen die Wurzeln der im südlichen Afrika, bis hinauf nach Zentralafrika, weit verbreiteten Verehrung des einen Gottes zu finden sein. Besonders die Vertreter des Umbanda-Kultes in Brasilien legen großen Wert darauf zu bekunden, dass die Religion ihrer afrikanischen Urahnen monotheistisch gewesen sei, im Gegensatz zur Religion der Europäer, die - siehe den griechischen Götterolymp! - polytheistischen Charakters gewesen sei.

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