Donnerstag, 26. Februar 2009

Die Archäologin Gabriela Martin von der UFPE in Recife schreibt in ihrem Beitrag „A Morte - O RITO E A VIDA ESPIRITUAL" (Der Tod - Der Ritus und das spirituelle Leben) zum Katalog des Centro Cultural Banco do Brasil São Paulo „ANTES, Histórias da Pré-História": „Zahlreiche in Felsengelassen der serras do Brasil aufgefundene Grabstätten bergen die Überreste von vermutlich langen und komplexen Bestattungszeremonien. Was übrig blieb, waren häufig nur die materiellen Indizien eines uns letztlich verschlossenen Depositums magischer Rituale und religiöser Überzeugungen die vor Jahrtausenden Bestandteil der spirituellen Welt des prä-historischen Menschen gewesen sind. Es vergingen Tausender von Jahren, ehe diese Menschen in der Lage gewesen wären, Pfeil und Bogen zu erfinden, doch seit dem Morgengrauen der prä-historischen Menschheit oder vielleicht zur Zeit der Mitternacht brachte die Furcht vor dem Unbekannten und die Hoffnung auf bessere Tagen die Höhlenmenschen oder auch die Bewohner der Campagne entlang der Ufer eines Flusses dazu, den Schutz ihrer Vorfahren zu erbitten und den Zorn unbekannter, störender und bedrohlicher Geister zu besänftigen. Die primitiven Religionen sind aufs engste mit den Mächten der Natur verbunden, denn das Überleben den Jäger und Sammlern wie auch derer, die das Land bearbeiteten, hing letzten Endes von den Zyklen der Natur ab." (179) „Der mündlichen Überlieferung gemäß wurden einige Felsenhöhlen und Gelasse, die den prä-historischen Menschen als Begräbnisstätten dienten, über Tausende von Jahren gepflegt und immer wieder benutzt. Kaum eines der Gräber war von Gruppen anderer Stämme oder von primitiven Menschen anderer Epochen geplündert oder geschändet worden. Der Respekt vor den Toten, aber sicherlich auch die Angst vor ihnen bewirkten, dass ihre Ruhestätten über Jahrtausende unberührt geblieben waren, selbst vonseiten anderer ethnischer Gruppen oder sogar vonseiten irgendwelcher Feinde - eine Demonstration des Respekts vor den Geistern der Ahnen. Parallel zur Bekundung des Respekts und der Demonstration des Willens, die Toten der Familie zu schützen, stoßen wir auch auf die Furcht vor der Rückkehr der Geister dieser Toten, die nur schreckliche Unruhe in die Welt der Lebenden bringen würde. Tiefe Gräber und mächtige schwere Steinblöcke über den Körpern der Verstorbenen sollten deren Rückkehr in die Welt der Lebenden verhindern. Periodisch zelebrierte, von Gesang und Speiseopfern begleitete Totenrituale unterstreichen ebenfalls den Wunsch der Hinterbliebenen, die Verstorbenen möchten in Ruhe und Frieden in ihren Grabstätten verbleiben." (184)

Eine ursprüngliche Weise des Animismus ist, wie Afrikareisende immer wieder bestätigen, auch in der Gegenwart, und vor allem im Umkreis des zentralafrikanischen Kongobeckens, anzutreffen. So bemerkt Peter Scholl-Latour, ein afrikanischer Lehrer habe ihm gesagt: „Am Kongo sind die Toten mächtiger als die Lebenden. Hier gibt es keine natürlichen Todesursachen, es sei denn bei hochbetagten Greisen. Jeder andere Tod wird auf bösartige Einflüsse, auf Behexung, Verwünschung, Zauberei und Gift zurückgeführt. In jedem Dorf, in jedem Stadtviertel sucht der ‚féticheur‘, der ‘Nganga‘, pausenlos nach einem Schuldigen, nach den unheimlichen Tätern. Die Bevölkerung lebt in Verehrung und Angst vor den Toten. Die Furcht geht um, sie könnten zurückkommen, ihre Verwandten heimsuchen, Spuk und Unheil stiften. Deshalb werden ihnen so viele Abschiedsgeschenke auf das Grab gelegt, vor allem die Schuhe, damit die nicht in die alte Hütte kommen, um sie für ihre Wanderung im düsteren Land der Toten zurückzuholen." „Jeder Tod", so Scholl-Latour, „so bestätigen die Völkerkundler, weitet sich für den Afrikaner zum Psychodrama aus." (Scholl-Latour, 2001: 31) Mein Lehrer Dr. Christian Keyßer, der lange Jahre unter den Papuas von Neu Guinea gearbeitet hatte, ehe er als Missionsinspektor in Neuendettelsau tätig war, berichtete uns Ähnliches von den Eingeborenen im Hubeland. Ehe die Missionare kamen, starb dort niemand eines natürlichen Todes. Stets war es der gefürchtete Todeszauber, der unweigerlich dazu führte, dass jemand starb. Nicht allein die Krankheiten waren Folgen von Zauberei, sondern ebenso die Unglücksfälle. Niemand fiel von einem Baum und starb an den Folgen des Sturzes, weil unter seiner Last unglücklicherweise ein Ast abgebrochen war; vielmehr steckte ein böser Zauber hinter dem Vorfall. Umso wichtiger war es, sich mit einem kräftigen Gegenzauber, z.B. mit einem wirksamen Fetisch, zu schützen.

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